Michelle’s Farben und Schattenseite
Hallo du lieber Mensch 🧡
Wie schön, dass dich mein Bild auf der Ausstellung neugierig gemacht hat! Im Zuge meiner Ausstellung wollte ich auf ein mir wichtiges Thema aufmerksam machen: Jeder Mensch hat Schattenseiten, das können ungewollte Charakterzüge, vergangene Fehler, Misserfolge oder auch verlorene Träume sein. Es ist so unglaublich wichtig, sie zu akzeptieren und anzuerkennen, denn sie machen uns Menschen aus. Mehr kannst du jedoch zu dem Thema in meinem anderen Blogbeitrag “Menschen und ihre Schattenseiten” lesen.
Und deswegen wollte ich gern Teil davon sein und euch ein Selbstportrait zeigen, wie ich mich meine Farben- und Schattenseiten sehe. Und das ist meine Geschichte dazu:
Ich würde mich als allgemein sehr fröhlichen Menschen beschreiben. Als Fotografin lächle ich viel hinter der Kamera und wenn ich mit anderen Menschen interagiere lache ich sehr viel. Doch so ehrlich mein Lachen manchmal ist und wirkt, hinter der äußeren Fassade fühlt es sich manchmal anders an. Auch wenn mein Lachen echt ist, heißt es ab und zu leider nicht, dass es mir gut geht. Ich litt schon 2019/2020 unter einer stärkeren Depression und Ende 2024 war eine depressive Phase wieder präsent. Wer schon mal depressiv war weiß ganz genau, dass das was andere Menschen denken, wenn sie einen ansehen, nicht der Wahrheit entspricht. Man sieht den Menschen lächeln und hört, was momentan so positiv im Leben passiert und denkt gar nicht daran, wie sich der Mensch eigentlich fühlt. Vor allem, wenn man diesen Mensch nicht gut kennt und nicht weiß, was dieser alles so durchgemacht hat. (Wenn dich das Thema Depressionen mehr interessiert, schau doch mal bei meinem Blogbeitrag zur Nicht-Farbe Weiß vorbei.)
Ich fange mal von vorne an:
2016 begann ich meine Ausbildung zur Fotografin. Ich war voller Energie, noch sehr schüchtern, aufgeregt auf das was kommt und habe mich auf den neuen Lebensabschnitt gefreut. Doch diese fröhliche Phase, verblasste sehr sehr schnell. Kurz vorab: In meiner Ausbildung habe ich Vollzeit als Azubi im Portraitstudio gearbeitet und alle 4 Wochen hatte ich 2 Wochen lang Berufsschule. Nun war ich in einem Team von 4-5 Frauen, mit denen ich mich soweit gut verstanden habe. Gab natürlich ab und zu Raufereien, aber das ist natürlich häufig vorprogrammiert, wenn man jeden Tag eng miteinander arbeitet. Doch das Wohlfühlen im Team blieb nicht lange, denn wir bekamen eine neue Studioleitung. Zunächst war diese ganz nett, hat sich im Laufe der Zeit jedoch als “Herausforderung” für mich entpuppt. Viele kennen bereits die Geschichte, doch es ist das erste Mal, dass ich so öffentlich die Geschichte niederschreibe, deswegen möchte ich auf viele Details, die auf die Person und die Firma hinweist, weglassen.
Es fällt mir super schwer, darüber zu schreiben, weil ich sehr viele schlechte Gefühle mit dieser Person verbinde, davon bis heute geprägt bin in meinen Verhaltensweisen gegenüber anderen Menschen und der Person innerlich bis heute nicht verziehen habe. Doch eins muss ich direkt klarstellen: Die Person ist nicht daran schuld, dass sich aus diesem Verhalten mir gegenüber eine Depression entwickelt hat. Ich hätte mich damals genauso gut wehren, den Mund aufmachen und nicht viel auf derer Aussagen und Handlungen geben können. Und doch hab ich es getan.
Nun zurück zur Geschichte:
Es war nicht nur ein schwieriges Verhältnis zur Chefin, sondern auch zur Firma. In dieser Firma wurden Azubis als günstige Vollzeitkräfte eingesetzt, oft wurde man ins kalte Wasser geworfen und es blieb nicht viel Zeit, um Azubis etwas beizubringen. In der Zeit gab es unglaublich viele Sätze, die mich bis heute verfolgen. Zu hören, ich hätte ein unglaublich niedriges fotografisches Niveau, heruntergemacht zu werden, weil man für eine Aufgabe kein Model organisieren konnte und deswegen von der Firma eine offizielle Abmahnung bekommt, angeschnauzt zu werden, dass man es wagen kann, vor der Chefin abends nach der Arbeit um 21 Uhr beim Teammeeting zu gähnen.
Und so hat für mich eine Gehirnwäsche begonnen. Man hat jede Sekunde darauf geachtet, ob man sich nun für die Person angemessen auf der Arbeit verhält, bloß keine falsche Bewegung macht. Fehler waren eine Todsünde, denn als Azubi darf man natürlich keine machen. Jeder Tag mit der Person dort war der Horror. Es ging mir schlecht, durfte das aber natürlich nicht zeigen. So habe ich jeden Tag gelächelt und gelacht, als wäre nichts. Dadurch habe ich wohl gelernt zu denken, dass es mir nicht gut gehen darf und immer weiterlächeln muss. Dass meine Gefühle egal sind, dass das was ich tue niemals genug sein wird und vor allem: Dass mir nicht geglaubt wird, dass ich mich für jeden noch so winzigen Fehler rechtfertigen muss und so, wie ich bin, nicht gut genug bin.
Das Mobbing auf der Arbeit damals war nur einer der schlechten Punkte in dieser Zeit. Ich habe kaum jemanden außerhalb der Arbeit kennen gelernt, habe die Zeit in der neuen Stadt nicht genießen können, habe in der Zeit einen guten Freund verloren, war in einer toxischen Beziehung.
Versteht mich nicht falsch, es gab auch viele gute Tage. Ich habe in der Schule meine beste Freundin und auf der Arbeit eine meiner engsten Freundinnen kennen gelernt, wir hatten im Team auch mal Spaß, waren auf einem Kings of Leon Konzert zusammen und hatten auswärts schöne Teamabende. Aber wenn man so viel schlechtes von einer Zeit mitnimmt, erinnert man sich überwiegend nur noch an das schlechte. Umso glücklicher erinnere ich mich daran 2017 meinen vorherigen Freund und heutigen Mann wiedergefunden zu haben, der mir in dieser Zeit einen unglaublichen Halt gegeben hat. Für das 3. und letzte Ausbildungsjahr konnte ich dann endlich zurückziehen, weil ein Ausbildungsplatz in einem anderen Standort der Firma freigeworden ist und eine liebe Person in der Firma das möglich gemacht hat.
Was ich also als einen Teil meiner Schattenseiten sehe, sind all die Verhaltens- und Denkweisen von mir, die aus dieser Zeit entstanden sind. Heute geht es mir schon viel besser damit. Nicht nur, weil ich diese schlechte Zeit angenommen habe, sondern weil ich Menschen um mich herum habe, die mir ein gutes Gefühl geben. Bei denen ich so sein kann, wie ich bin. Und vor allem lerne ich durch vor allem liebevolle Kunden noch heute, dass es kein Weltuntergang ist, Fehler zu machen.
Und so kommen wir zu meinen Farbenseiten! Die größte Farbenseite, die ich wohl habe, sind die Menschen um mich herum. All die Menschen, die mich so akzeptieren wie ich bin und mit mir lachen. Ein anderer unglaublich großer Teil, der meine Farbenseite ausmacht, ist die Musik. Musik gibt mir in Momentan Kraft und Halt, wenn alles um mich herum verloren zu sein scheint. Das ist auch einer der Gründe, warum ich die Konzertfotografie so liebe. Wenn ich nicht nur Musik höre, sondern auch sehe, wie sie gemacht wird, fühlt es sich ein bisschen so an, als wäre ich von einem regenbogenfarbenem, berauschendem Tunnel umgeben. Alles um mich herum verschwimmt, ich höre den Rhythmus tanzen, Euphorie liegt in der Luft und ummantelt mich. Alles andere was ist, was war und noch sein wird ist plötzlich egal.
Die Musik ist also auch zu einem Hobby geworden, ich singe wann immer es geht, im Auto, in der Dusche, beim Putzen, beim Bilder bearbeiten, spiele Gitarre, schreibe mittlerweile auch meine eigenen Songs. Und es ist sogar auch ein Teil in meinem Berufsleben geworden. Seit Anfang 2024 arbeite ich als Stagehand, ich helfe überwiegend bei Auf- und Abbau Bei Konzerten, was ich absolut liebe. Und vor allem: ich habe einen wunderbaren Chef und Arbeitskolleg*innen, durch die ich ein schönes und gesundes Arbeitsverhältnis erfahren darf. Dafür bin ich unglaublich dankbar!
Nebenher liebe ich es, draußen zu sein, sei es im Wildpark hüpfende Rehe anzuschauen, beim Flugtag in den Himmel zu sehen, die Flugzeugmotoren brummen zu hören oder einfach nur im asiatischen Garten zu sitzen, dem Blätterrauschen und dem Vogelzwitschern zuzuhören. Und wenn das mal nicht geht verschwinde ich in den Geschichten von Büchern, Filmen und Serien wie Stargate, Star Trek und Star Wars. Das alles gibt mir einen Halt in schweren Zeiten und in diesen Momenten lerne ich, mich jedes Mal auf Neue, ein Stückchen mehr zu lieben.